21 September 2021
Krankheitskonzepte und Pestbewältigung im Mittelalter
Krankheiten befallen Individuen, Seuchen befallen Gesellschaften. Epidemien wirkten schon in der Vergangenheit als Katalysatoren der Differenzierung. Zu Beginn einer Seuchenkatastrophe stand zunächst die Frage nach der Natur der Seuche, etwa “Was ist die Pest?”. Aus den Antworten leitete man schließlich Strategien zu Prophylaxe und Therapie ab. Vergleicht man mittelalterliche Texte mit aktuellen Schriften zur Ursache einer Seuche, so fällt die Vielfalt der gleichzeitig gültigen Theorien über die Natur der Krankheit ins Auge. Den vormodernen Zeitgenossen boten sich mehrere Fachgebiete, die eine Erklärung oder Abhilfe versprachen. Anhand von 30 süddeutschen Pestschriften sowie Quellen der Städte Nürnberg, Augsburg und München untersucht Katharina Wolff die praktische Umsetzung dieser Krankheitstheorien im individuellen Lebensbereich bzw. im städtischen Kollektiv.
Wolff führt anschließend durch die Ideengeschichte des Mikrokosmos zu Alexandre Yersin, dessen Antwort auf die Frage “Was ist die Pest?” bis heute Gültigkeit hat. Der Blick streift kurz auch moderne Adaptionen von Seuchen in der Popkultur und die sozialen Aspekte von Epidemien: Seuche ist etwas, das man tut. Das Sozialgefüge, auf das ein Erreger trifft, macht mindestens 50% des Verlaufs einer Epidemie aus.
Von Katharina Wolff